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Die Kapazitäten in der Zentralen Erstaufnahmestelle in Eisenhüttenstadt sind begrenzt.

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30.000 Flüchtlinge in Brandenburg 2015 erwartet: Ohne Asylantrag in die Kommunen

Die Lage in der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt ist äußerst angespannt, ein "Überlaufen" soll vermieden werden. Deswegen greift das Land Brandenburg zu Notfallmaßnahmen: Flüchtlinge aus Kriegsgebieten werden nun schneller verteilt - auch ohne Asylantrag.

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Potsdam - Das Land Brandenburg beschleunigt die Verteilung von Kriegsflüchtlingen aus Syrien, Irak und Afghanistan auf die Kommunen – auch ohne Asylantrag. Wie der Sprecher des Innenministeriums, Ingo Decker, bestätigte, würden diese Flüchtlinge, die mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Bleiberecht erhalten, bereits nach einem Gesundheitscheck und der Registrierung in die Landkreise und kreisfreien Städte gebracht, auch wenn sie noch keinen Asylantrag gestellt haben.

Grund für das mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge BAMF abgestimmte Vorgehen sei die angespannte Lage in der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung (ZABH) in Eisenhüttenstadt. „Wir sind mit der Kapazität am Rande“, sagte Decker. Es gehe darum, „ein Überlaufen zu vermeiden“. Das Bundesamt könne wegen der anhaltend hohen Zahl neu ankommender Flüchtlinge mit der Bearbeitung der Asylanträge nicht mehr Schritt halten. Zwar hatte die Bundesregierung angekündigt, das Personal aufzustocken, aber das dauert.

Prognostiziert: 30 000 Flüchtlinge in Brandenburg in diesem Jahr

Brandenburg rechnet in diesem Jahr mit 30 000 neu ankommenden Flüchtlingen, 2014 waren es 6300. In der ZABH ist samt Außenstellen und Notunterkünften Platz für 3300 Asylbewerber. Derzeit ist sie fast ausschließlich mit Kriegsflüchtlingen aus den Krisenregionen in Nahost belegt. Am Mittwochabend fand dort eine Kundgebung von über 100 Rechten statt.

Den Schritt, Kriegsflüchtlinge auch ohne Asylantrag in den Kommunen unterzubringen, begründete der Sprecher mit der „historisch außergewöhnlichen Entwicklung“, die die Lage zu Beginn der 1990er-Jahre noch übertreffe. „In dieser Situation müssen wir außergewöhnliche Wege gehen“, sagte Decker und verwies auf den Umgang mit Flüchtlingen etwa in Griechenland und Ungarn. „Es ist jetzt nicht die Zeit, ins Standardhandbuch zu sehen, sondern das Faltblatt für Notfallmaßnahmen zu konsultieren.“ Die Asylbewerber könnten ihre Anträge nun nachträglich stellen, das sei neben Eisenhüttenstadt auch in Schönefeld möglich.

Städte in Brandenburg aktualisieren ihre Notfallpläne

Wegen der angespannten Lage aktualisieren die Landkreise und kreisfreien Städte in Brandenburg ihre Notfallpläne. Erfasst werden als Unterkünfte geeignete Quartiere wie Turnhallen. Auch Potsdam stockt die Zahl der Plätze für Asylbewerber deutlich auf. Zu den bislang 815 Plätzen sollen 700 hinzukommen, etwa in Pensionen, in 41 städtischen Wohnungen und in einem neuen Heim im Nobel-Viertel Berliner Vorstadt. Geprüft wird auch, Kabinenschiffe anzumieten oder Leichtbauhallen aufzustellen. Die Stadt wolle Zelte und Schulturnhallen als Asylunterkünfte vermeiden, sagte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). Für Flüchtlingsversorgung hat er eine neue Task-Force gebildet.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mahnte erneut die europäische Staatengemeinschaft, auf die steigenden Flüchtlingszahlen gemeinsam zu antworten. Es dürfe sich nicht wiederholen, dass Dutzende tote Flüchtlinge in einem Lkw gefunden würden wie kürzlich in Österreich, sagte sie im Bundestag. Wesentlicher Aspekt der Flüchtlingspolitik der Koalition sei die zügige Integration von Asylbewerbern, die auf Dauer in Deutschland bleiben werden, weil sie eine Asylberechtigung oder den Duldungsstatus haben, so Merkel. Man dürfe nicht den Fehler der Vergangenheit wiederholen und mit Integration zu spät beginnen. Flüchtlinge aus wirtschaftlicher Not zählte Merkel nicht dazu. (mit afk, ame)

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