zum Hauptinhalt
´

© Patrick Pleul/dpa

20 illegale Deponien in Brandenburg: 500 Millionen Euro Schaden durch Müllmafia

Eine Anfrage der Grünen hat Details zu 20 neuen illegalen Deponien ans Licht gebracht. Die Erkenntnisse enthüllen neue Dimensionen der Probleme des Landes mit der Müllmafia.

Potsdam - Die Hinterlassenschaften der Müllmafia kommen Brandenburg immer teurer zu stehen. Nach neuesten Berechnungen würde es fast eine halbe Milliarde Euro kosten, alle bekannten illegalen Abfalllager und schwarzen Deponien zu räumen. Berechnungsgrundlage bildet die Antwort der Landesregierung von Anfang September auf eine parlamentarische Anfrage des Landtagsabgeordneten Benjamin Raschke (Grüne). Sie enthält neue, bis dato unveröffentlichte Details zu rund 20 illegalen Müllhalden im Land. Umweltminister Jörg Vogelsänger (SPD) hat stets betont, dass es sich bei Brandenburgs Problem mit der Müllmafia „fast ausschließlich um Altfälle aus der Nachwendezeit“ handelt. Doch diese Müllberge sind jüngeren Datums. Sie sind in den vergangenen zehn Jahren entstanden und haben zum Teil extreme Ausmaße angenommen.

So hat eine Firma, die sich Naturerde Bethke nennt, rund 15 000 Tonnen kunststoffhaltige Abfälle in Mark Landin (Uckermark) angehäuft. In Spreenhagen (Oder-Spree) türmen sich laut Landesregierung 112 000 Tonnen Baggergut unerlaubterweise auf. In Hoppegarten (Märkisch-Oderland) modern 170 000 Tonnen Abfälle von Baustellen vor sich hin, in Brieselang (Havelland) sind es 180 000 Tonnen. Mit die höchsten Dreckberge befinden sich in Bernau. Die Stadt im Landkreis Barnim hat mittlerweile vier illegale Abfalllager mit insgesamt rund 700 000 Tonnen Müll aufzuweisen. Jüngste Ablagerung stellen die rund 320 000 Tonnen Bodenmaterial dar, die ein Unternehmen namens RCU-VV Achtundachtzigste Vermögensverwaltung angesammelt hat.

Müllmafia in Brandenburg: Horrende Kosten für die ordnungsgemäße Entsorgung der Altlasten

Unter den schwarzen Halden, die die Landesregierung in ihrer Antwort aufführt, sind auch 21 Kies- und Tongruben. Dass in den Tagebauen des Landes illegale Deponien betrieben wurden, ist ebenfalls noch nicht so lange her. Insgesamt listet die Landesregierung mehr als 80 illegale Lager auf. Rund ein Dutzend davon wurde beräumt, zuletzt in diesem Jahr Tausende Tonnen vergrabener Plastikmüll in Ketzin (Havelland).

Die Kosten für eine ordnungsgemäße Entsorgung der Altlasten sind horrend. Legt man den von Umweltminister Vogelsänger selbst genannten Berechnungsschlüssel von 100 Euro pro Tonne zugrunde, wären 70 bis 80 Millionen Euro fällig – nur um die Dreckberge von Bernau wieder aus der Welt zu schaffen. Landesweit ist sehr viel mehr vonnöten.

Das ganze Ausmaß der Brandenburger Müllskandale wurde erstmals im März 2016 von dem Recherchezentrum Correctiv aus Berlin umfassend dokumentiert. Ein Ergebnis dieser Recherche war, dass sich die Kosten für eine Komplettentsorgung aller Lager in Brandenburg auf mindestens 320 Millionen summieren. Heute, anderthalb Jahre später, zeigt sich, dass der finanzielle Schaden noch größer ist. Die neuesten Daten aus der Antwort der Landesregierung in die Berechnung einbezogen, kommt man auf insgesamt mindestens 450 Millionen Euro.

„Das Land kann die Verantwortung nicht komplett von sich schieben“

Diese Summe entspricht ungefähr dem Hundertfachen dessen, was jährlich an Landesmitteln für alle illegalen Abfalldepots eingeplant ist. Das sind in diesem Jahr 4,2 Millionen und im nächsten 4,7 Millionen Euro. Das Geld fließt laut Landesregierung in Untersuchungen und in Sicherungsmaßnahmen. Den größten Teil aber verschlingt die Räumung von rund 70 000 Tonnen Dreck in einer ehemaligen Sortieranlage in Neuendorf (Teltow-Fläming).

Was in der Liste illegaler Mülldepots neuerdings fehlt, sind die über 60 Standorte in kommunaler Zuständigkeit. Das ist auch Benjamin Raschke, der die Anfrage an die Regierung gestellt hat, aufgefallen. Der grüne Landtagsabgeordnete fordert insbesondere Umweltminister Vogelsänger dazu auf, sich bei den Landkreisen „mindestens über den aktuellen Verfahrensstand zur Gefährdungsanalyse, zu Sanierungsplänen und auch zu rechtlichen Auseinandersetzungen mit verantwortlichen Betreibern“ zu informieren. „Für das Trinkwasser und die Umwelt spielt es keine Rolle, auf welcher Verwaltungsebene die Zuständigkeit für die Abwehr von Gefahren liegt. Das Land kann die Verantwortung nicht komplett von sich schieben“, sagt Raschke.

Eine Karte mit allen uns bekannten illegalen Deponien in Brandenburg finden Sie im Internet unter www.muellparadies.de

Michael Billig

Zur Startseite