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Trauer und Spurensuche. Freunde, Bekannte und Anwohner haben Kerzen und Blumen zum Tatort gebracht, der von einer Kriminaltechnikerin untersucht wurde.

© dpa

Brandenburg: 14-Jährige traf ihren Mörder im Internet

Ein Bekannter wollte die tödliche Messerattacke noch verhindern – und wurde vom Angreifer verletzt. Der Tatverdächtige versuchte, sich umzubringen

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Eichwalde / Cottbus - Das furchtbare Gewaltverbrechen in Eichwalde im Landkreis Dahme-Spreewald scheint aufgeklärt. Die Ermittler haben jedenfalls keinen Zweifel daran, dass der unmittelbar nach der Tat am Montagnachmittag festgenommene 20-Jährige das 14-jährige Mädchen getötet hat. Die Staatsanwaltschaft Cottbus ermittelt nun gegen den jungen Mann wegen des Verdachts der Tötung seiner Freundin, wie es in einer Pressemitteilung vom Dienstag steht.

Doch was heißt Freundin? Wie Klassenkameraden des Mädchens am Tatort berichteten, hat die 14-Jährige ihren späteren Mörder über das Internetportal Jappy kennengelernt. Er soll gebürtiger Kölner sein und jetzt in Düsseldorf leben. Am vergangenen Wochenende soll er erstmals nach Eichwalde gekommen sein. „Der wollte sie glatt heiraten“, erzählt ein Mädchen, das mit dem Opfer eine Oberschule im nahen Wildau besuchte. „Wir haben alle gelacht, denn es war bestimmt nicht der richtige Typ für sie.“

Laut Ermittler soll der 20-Jährige dann das Mädchen am Montag in Eichwalde aufgesucht und im Zuge eines dabei entstandenen Streits in Anwesenheit eines anderen Bekannten des Opfers erstochen haben. Der Bekannte sei bei dem Versuch, dem Mädchen beizustehen, ebenfalls verletzt worden.

Dass drei Personen an der Auseinandersetzung beteiligt waren, bestätigen auch Zeugen. Denn der tödlichen Messerattacke ging offenbar ein lautstarker Wortwechsel voraus. „Die haben sich richtig angebrüllt“, erzählt ein Rentner am Ort des Verbrechens – dem Weg an der Heinrich-Mann-Allee entlang der S-Bahn. „Das Mädchen kannte ich von meinen täglichen Gassi-Runden mit meinen zwei Hunden. Sie nahm immer den Weg zwischen ihrer Schule und dem Bahnhof.“ Kurz vor drei Uhr hat der Rentner nach eigenen Aussagen die 14-Jährige auch am Montag wiedergesehen, als sie sich ein heftiges Wortgefecht mit zwei Männern lieferte. „Der eine war wohl um die 20, der andere bedeutend jünger“, vermutet der Zeuge. Er habe sich noch über den lauten Streit gewundert, sei dann aber weitergegangen. „Ich konnte ja nicht ahnen, welche dramatische Entwicklung hier noch passiert.“ Erst auf seiner abendlichen Runde mit den Hunden habe er dann die Polizeiabsperrungen gesehen. Das Mädchen habe direkt auf dem Weg gelegen, so deutete er jedenfalls die Markierungen der Polizei. Noch an Ort und Stelle erlag sie ihren Verletzungen.

Spuren auf dem Weg zeugen auch am Tag danach noch von einer offensichtlich heftig verlaufenen Auseinandersetzung zwischen dem 20-Jährigen und seinem Opfer. Auf dem Boden waren noch menschliche Haare zu entdecken. Der zweite Mann, der die 14-Jährige verteidigen wollte, war nach Zeugenaussagen deutlich jünger als der mutmaßliche Täter. „Er liegt im Krankenhaus“, berichtete ein Schüler, der ihn gut kennt. Möglicherweise wurde der junge Mann vom Täter mit einer Bierflasche getroffen. Fotos vom Tatort zeigen jedenfalls eine Flasche neben dem Opfer.

Bürgermeister Bernd Speer äußerte beim Besuch des Tatortes tiefes Mitgefühlt mit der Familie. „Schrecklich, was hier passiert ist“, sagte er. Wie in Eichwalde bekannt wurde, hat die Familie des Opfers, um die sich Notfallseelsorger kümmern, bereits vor zwei Jahren einen Schicksalsschlag hinnehmen müssen.

Die Staatsanwaltschaft bestätigte, dass der Tatverdächtige von der Polizei auf Bahngleisen bei Eichwalde festgenommen wurde. Laut Zeugenaussagen soll er beim Eintreffen der Polizei auf der Stromschiene der S-Bahn gesessen haben. Offensichtlich wollte er dort seinem Leben ein Ende setzen. Es kam allerdings zu diesem Zeitpunkt keine S-Bahn. Klassenkameradinnen des getöteten Mädchens berichten, dass der Mann schon am Freitag gedroht habe, sich und die 14-Jährige umzubringen, wenn sie ihn nicht heirate.

Die Ermittlungen der Mordkommission dauern an. Noch am Dienstag sollte ein Haftbefehl gegen den Tatverdächtigen wegen Mordes beantragt werden. Inzwischen haben Freunde und Bekannte Kerzen, Blumen und zwei Kuschelbären am Tatort aufgestellt. Viele Eichwalder laufen hier zum Bahnhof entlang, bleiben kurz vor den Kerzen stehen. Die meisten sagen nur ein Wort: „Unfassbar!“

Sandra Dassler / Claus-Dieter Steyer

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