zum Hauptinhalt
Ein Polizeiwagen hinter Absperrband auf dem Berliner Platz in Bottrop, wo sich einer der Vorfälle ereignete.

© Marcel Kusch/dpa

Update

Bottrop und Essen: Behörden behandeln Amokfahrt als terroristischen Anschlag

Ein Mann fährt im Ruhrgebiet mit seinem Auto Fußgänger an und verletzt fünf Menschen. Der Täter hatte die "klare Absicht, Ausländer zu töten", so ein Minister.

Von Frank Jansen

Bei einer Serie von Autoattacken im Ruhrgebiet sind in der Neujahrsnacht fünf Menschen verletzt worden. Der 50-jährige Deutsche Andreas N. hatten in der Neujahrsnacht seinen Wagen an vier Orten in Bottrop und in Essen auf Personengruppen zugesteuert – womöglich aus fremdenfeindlichen Motiven.

In Bottrop traf er vier Menschen. Eine 46 Jahre alte Frau habe zeitweilig in Lebensgefahr geschwebt, sagte der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) am Dienstag. Auch ein Kind sei verletzt worden. Später lenkte der Mann sein Auto in der Nachbarstadt Essen ein weiteres Mal in eine Personengruppe und verletzte dort eine fünfte Person leicht. Unter den Opfern sind auch Syrer und Afghanen. Bei zwei weiteren Versuchen in den beiden Städten scheiterte er.

Nach Informationen des Tagesspiegels prüft die Bundesanwaltschaft, ob sie die Ermittlungen übernimmt. Die Amokfahrt des 50-Jährigen werde als terroristischer Anschlag eingestuft, hieß es am Dienstagabend in Sicherheitskreisen. Der Täter sei vergleichbar mit radikalisierten Islamisten, die auf eigene Faust angreifen.

Andreas N. stamme aus Essen, er sei arbeitslos und Hartz-IV-Empfänger, sagten Sicherheitskreise. Bei der Vernehmung durch die Polizei habe er geäußert, es sei ungerecht, dass auch arbeitslose Ausländer vom Staat Geld bekommen. Andreas N. habe durchgehend rassistisch geredet, aber auch einen wirren Eindruck gemacht. Es gebe Hinweise, dass N. wegen Schizophrenie in psychiatrischer Behandlung war, hieß es. Möglicherweise liege bei N. eine Kombination aus rassistischem Hass und psychischer Störung vor. Das sei „ein besonders gefährliches Täterbild“. Gerade labile und psychisch angegriffene Menschen seien für extremistische Hetze besonders empfänglich.

„Die Ermittlungsbehörden gehen derzeit von einem gezielten Anschlag aus“, hatten Staatsanwaltschaft und Polizei zuvor mitgeteilt. „Bereits bei seiner Festnahme äußerte sich der Fahrer mit fremdenfeindlichen Bemerkungen.“ Der Mann hatte die „klare Absicht, Ausländer zu töten“, sagte NRW-Innenminister Reul. Der Fall müsse „sehr ernst genommen werden“, es werde mit Hochdruck ermittelt.

Nur Minuten nach Mitternacht begann die Amokfahrt

Andreas N. hatte nur Minuten nach dem Jahreswechsel mit seiner Attacke begonnen. Auf einer Zufahrtsstraße zur Bottroper Innenstadt habe er mit seinem Wagen zunächst auf einen einzelnen Passanten zugehalten, berichteten die Behörden. Doch der Fußgänger konnte sich retten.

Danach kam es zu dem folgenschweren Zwischenfall am zentralen Berliner Platz. Der Autofahrer sei in eine Gruppe von Menschen gefahren, die gerade den Jahreswechsel mit Böllern und Raketen feierten. Der Mann flüchtete den Angaben zufolge daraufhin nach Essen. Dort habe er noch einmal versucht, gezielt in eine an einer Bushaltestelle wartende Menschengruppe zu fahren. Anschließend ereignete sich die vierte Tat. Die Polizei nahm den Mann wenig später fest.

Bottrop sagt Feier zum 100-jährigen Stadtjubiläum ab

Die Polizeipräsidentin von Recklinghausen, Friederike Zurhausen, sagte am Nachmittag, der Täter sei bislang nicht polizeilich in Erscheinung getreten. Es sei unklar, ob er noch in Behandlung sei. Zu einem möglichen politischen Hintergrund lägen bisher keine Erkenntnisse vor. Ermittler durchsuchten die Wohnung des Mannes, um weitere Informationen über ihn zu gewinnen.

Der Bottroper Oberbürgermeister Bernd Tischler (SPD) zeigte sich "entsetzt und tief getroffen" von dem Vorfall. Er hoffe, dass die Verletzten bald genesen würden, erklärte er. Eigentlich hätte am Dienstag das 100-jährige Bestehen der Stadt Bottrop gefeiert werden sollen. Dieses Fest habe er "angesichts der furchtbaren Ereignisse" abgesagt, fügte Tischler hinzu.

Zuerst hatte die „Bild“-Zeitung über den Vorfall geschrieben. (dpa, AFP)

Zur Startseite