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Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) spricht von einer dynamische Entwicklung der Infektionslage.

© dpa

„Bitter, aber notwendig“: Brandenburg bleibt Ostern im Lockdown

Kabinett will Bund-Länder-Beschluss umsetzen und sagt schon jetzt Landesfest im September ab. Woidke warnt vor Ferienreisen.

Potsdam/Berlin - Der Lockdown soll in Brandenburg grundsätzlich bis zum 18. April verlängert werden. Darauf habe sich das Kabinett nach der Bund-Länder-Konferenz zu den Corona-Beschränkungen verständigt, teilte die Staatskanzlei am Dienstag mit. Die Lage habe sich seit Anfang März klar verschlechtert, sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) zur Begründung. „Deshalb mussten wir bereits vergangene Woche erste Öffnungsschritte im Rahmen der 100er-Notbremse zurücknehmen.“ Es gebe eine dynamische Entwicklung der Infektionslage. „An Erleichterungen über Ostern ist nicht zu denken. Das ist bitter, aber notwendig. Wir müssen unbedingt eine Überlastung des Gesundheitssystems vermeiden“, so der Ministerpräsident. Der Berliner Senat verständigte sich am Dienstag darauf, den Lockdown in der Hauptstadt sogar bis zum 24. April zu verlängern.

Woidke hatte am Dienstagmorgen (SPD) die Ergebnisse der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) mit den Landräten und Oberbürgermeistern besprochen. Am heutigen Mittwoch debattiert der Landtag über die geplanten Maßnahmen. Der Fraktionschef der oppositionellen Linken im Brandenburger Landtag, Sebastian Walter, hatte der rot-schwarz-grünen Landesregierung im Vorfeld planloses Handeln vorgeworfen und eine nachvollziehbare Strategie zur Bekämpfung der Corona-Pandemie gefordert. Die Freien Wähler wollen einen Antrag einbringen, der sich gegen die Beschlüsse der Bund-Länder-Konferenz stellt. Laut dem Antrag sollten ab Karsamstag Einzelhandelsgeschäfte, Außengastronomie und Beherbergungsbetriebe unter strengen Hygienemaßnahmen wieder öffnen dürfen.

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Notbremse soll verschärft werden

Die Landesregierung will zusätzlich zu den brandenburgweiten Maßnahmen in Landkreisen und kreisfreien Städten mit hohen Zahlen von Corona-Neuinfektionen die Notbremse weiter verschärfen. „Wir werden prüfen (...) welche Verschärfungen wir noch vornehmen werden, in Regionen, in Landkreisen, die über einer 100er Inzidenz liegen“, sagte Woidke dem ZDF. „Wir haben einen Landkreis, der liegt über 200, das macht mir große Sorgen.“

Die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche lag am Dienstag im Landkreis Elbe-Elster bei rund 232. Hohe Infektionszahlen sorgen mittlerweile in sechs der 14 Landkreise und in Cottbus für schärfere Beschränkungen. Schon jetzt ist klar, dass der für den 3. bis 5. September geplante Brandenburg-Tag in Bernau (Barnim) ausfällt. Das beschloss das Kabinett am Dienstag. „Die Absagen der Landesfeste sind der Landesregierung nicht leichtgefallen“, erklärte die Chefin der Staatskanzlei, Ministerin Kathrin Schneider (SPD). Aber die Entwicklung der Pandemie lasse keine sichere Planung von Großveranstaltungen mit Tausenden Gästen im September zu. Auch der Brandenburger Sommerabend im Juni wurde abgesagt.

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Der strikte Oster-Lockdown hat am Dienstag zu massiver Kritik an der Corona-Politik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Länder-Regierungschefs geführt. „Es ist eine erschütternde Konzeptlosigkeit des unionsgeführten Kanzleramts, dass das Prinzip ,Wir bleiben zu Hause’ noch immer die zentrale Antwort auf die Pandemie ist“, sagte FDP-Chef Christian Lindner. Auch Unions-intern gab es Unmut. Ein „Orkan gesellschaftlicher Kritik“ ziehe über die Parlamentarier hinweg, sagte die CDU-Bundestagsabgeordnete Elisabeth Motschmann. Nach zwölf Monaten Pandemie sei der Plan „ein Armutszeugnis“.

Unterhändler von Bund und Ländern räumten im Gespräch mit dieser Zeitung ein verheerendes Bild ein. Doch letztlich sei die Entscheidung der einzige mehrheitsfähige Weg gewesen. Vom 1. bis zum 5. April soll es nun eine „erweiterte Ruhezeit zu Ostern“ geben, in der am Gründonnerstag auch die Lebensmittelgeschäfte schließen sollen. Details, etwa zu Fragen des Arbeitsrechts, müssen noch geklärt werden. Nach Ansicht von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) soll Gründonnerstag ein kompletter Ruhetag werden, also wie ein Feiertag. Offen ist noch, ob es über Ostern ein Gottesdienstverbot geben soll. Intensivmediziner begrüßten die Einschnitte, um einer Überlastung des Gesundheitssystems vorzubeugen.

Oster-Lockdown stand in keinem Papier

Die Idee eines harten Oster-Lockdowns entwickelte sich während der Verhandlungen, sie stand in keinem Papier. Aus zwei Gründen: Merkel konnte zunächst weder Ausgangssperren noch einen Einfluss des Bundes auf Schul- und Kitaschließungen bei zu hohen Inzidenzen durchsetzen. Zudem stemmte sie sich gegen das aus ihrer Sicht fatale Signal, dass einige Bundesländer „kontaktarmen Urlaub“ in Ferienwohnungen und auf Campingplätzen ermöglichen wollten. Merkel betonte, die Mutante fresse leider quasi vorherige Erfolge auf. Zweitens fehlen noch Impfstoff und ausreichend Schnelltests, so dass mit der Maßnahme Zeit gewonnen werden soll.

Dem Beschluss zufolge sollen die Fluggesellschaften nun Urlaubsrückkehrer vor dem Rückflug testen. So sollen künftig pauschal alle Reisenden, die aus dem Ausland, auch aus Nichtrisikogebieten, zurückkehren, einen negativen Corona-Test vorlegen müssen. Brandenburgs Regierungschef Woidke begrüßte die geplante Testpflicht und appellierte gleichzeitig an die Bürger, nicht zwingend notwendige Reisen weiterhin zu vermeiden. „Wir können nicht zulassen, dass das Virus – gegebenenfalls sogar mit der gefährlichen brasilianischen Mutation – aus Urlaubsgebieten nach Brandenburg importiert wird.“

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