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Sport: Über die Defensive ganz nach vorn

Deutsche Handballer vor dem Einzug ins EM-Halbfinale

Ljubljana. „Live is live“, dröhnte es zwar durch die Lautsprecher, aber die 6000 Fans der Slowenen in der Tivoli-Halle von Ljubljana glaubten zu träumen. Sie versuchten zwar mit Pfiffen und Buhrufen etwas zu bewegen, aber es half nichts. Nur ein Team spielte überragend: die deutsche Handball-Nationalmannschaft. Mit 31:24 (18:10) besiegte sie Slowenien in ihren zweiten Hauptrundenspiel bei der Europameisterschaft.

„Die Mannschaft muss Spaß an dem Spiel haben“, hatte Trainer Heiner Brand vorher gefordert. „Wenn die ganze Halle gegen einen ist, muss man Freude daran haben, dagegen zu halten.“ Mit dem Anpfiff setzten seine Schützlinge das in die Tat um. Aus einer sicheren 6:0-Deckung heraus, hinter der Christian Ramota eine überragende Leistung bot, wurden die schnellen Angriffe inszeniert. Fast schon verzweifelt schauten sich die Slowenen manchmal an, wenn die Deutschen sie wieder einmal genarrt hatten. Allen voran der „Handballer des Jahres“ Florian Kehrmann vom TBV Lemgo, den sie nie in den Griff bekamen. Beim 13:5 in der 23. Minute hatte er bereits seinen sechsten Treffer erzielt. Danach musste Kehrmann wegen einer blutenden Wunde auf die Wechselbank, kam bis zur Halbzeit nicht mehr ins Spiel.

Doch selbst dieser Verlust brachte keinen Leistungsabfall in dem Team, über das der Präsident des Deutschen Handball-Bundes schon euphorisch gesagt hatte: „Wir können Europameister werden. Das erwarte ich eigentlich auch.“ Mit diesem Druck konnte die Mannschaft, die sich bei diesen Titelkämpfen bisher von Spiel zu Spiel gesteigert hat, sehr gut umgehen. Eine Motivation war auch, dass ausgerechnet jene Tschechen, gegen die am Vortag mit 37:27 klar gewonnen wurde, im Spiel zuvor den WM-Dritten Frankreich mit 32:31 die erste Niederlage bei dieser Europameisterschaft beigebracht hatten. Damit war sicher, dass die deutschen Handballer mit einem Sieg über Slowenien und einen Erfolg heute gegen Ungarn (18.30 Uhr live im DSF) ins Halbfinale einziehen würden. „Das alles hat unser Selbstvertrauen gestärkt“, sagte Heiner Brand, „auf irgendwelche theoretischen Möglichkeiten wollten wir uns auch nicht erst einlassen.“

Gegen Slowenien war das Spiel auch weiterhin einseitig. Nach der klaren Halbzeitführung durfte auch einfach nichts mehr passieren. Der Gegner, bei dem der einzige Bundesligaprofi Roman Pungartnic vom THW Kiel wegen eines Kreuzbandrisses nicht eingesetzt werden konnte, sollte keine Chance mehr bekommen, eventuell noch einmal an den Sieg glauben zu können. Um eine ständige Zehn-Tore-Führung pegelte sich das Ergebnis ein. Längst hatten die Fans in der Halle begriffen, dass nichts, was sie in den 60 Minuten erlebt hatten, nur ein schlechter Traum war. Alles war live.

Klaus Rocca

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