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Sport: Eine Frage der Form

Buschschulte holt vier Medaillen, aber neben ihr gibt es einige Problemfälle

Antje Buschschulte hätte gerne eine Regeländerung. Sie will Geld verdienen mit ihrem Sport, und das funktioniert vor allem über Sponsoren, die auf ihrem Ganzkörper-Badeanzug für sich werben. Doch der Schwimmweltverband Fina erlaubt nur zwei Logos pro Badeanzug. „Das macht die Sache für uns Schwimmer natürlich nicht leichter“, sagt Buschschulte. Bei der Weltmeisterschaft in Montreal hat sie, theoretisch jedenfalls, ihren Marktwert gesteigert. Mit der 4-x-100-Meter-Lagen-Staffel gewann die 26-Jährige Bronze und damit die vierte Medaille bei dieser WM. Kein anderer deutscher WM-Starter war derart erfolgreich.

Und diesen Staffel-Erfolg feierte Antje Buschschulte ganz besonders. Nachdem die 17-jährige Daniela Götz als Schlussschwimmerin einen Vorsprung von 29 Hundertstelsekunden vor der Chinesin Yingwen Zu bis zum Anschlag gerettet hatte, hüpfte Buschschulte vor Freude in die Luft. „Bei meiner Glückssträhne habe ich schon gehofft, dass es noch einmal klappt“, sagte sie. Allerdings stand eine Medaille der Lagenstaffel, zu der auch noch Sarah Poewe und Annika Mehlhorn gehörten, auch auf dem Plan von Chef-Bundestrainer Ralf Beckmann. Die deutschen Staffeln haben in der Vergangenheit oft Medaillen gewonnen. Gold ging an Australien, Silber an die USA.

Da auch noch Anne Poleska über 200 Meter Brust Silber gewann, verbesserte sich die deutsche Bilanz. Beckmann sagte zufrieden: „Sechs Medaillen wollten wir, sechs Medaillen haben wir.“ Allerdings räumt Beckmann ein: „Einige Dinge sind uns hier nicht gelungen.“ Zum Beispiel generell die Leistungen gegenüber der deutschen Meisterschaft im Mai zu verbessern. Die Quote liegt unter 50 Prozent. Nicht zuletzt wegen Thomas Rupprath, der nach den 50 Meter Schmetterling auch das Finale über 100 Meter Schmetterling verpasste. Der 28-Jährige will nun mit seinem Heimtrainer Frank Lamodke eine kritische Analyse machen. Aber Rupprath sagt auch: „Die Form stimmt nicht, und das kann man von vielen von uns sagen. Offensichtlich hat in der Vorbereitung wieder etwas nicht gepasst“, sagte er. Das durfte man als Kritik an der eigenen Teamleitung werten.

Am nächsten Tag klang Rupprath ganz anders. Kein Wunder, er hatte für seine Äußerungen, wie er sagte, „von Herrn Beckmann eins auf den Deckel bekommen“. Also erklärte Rupprath nun: „Ich rede immer nur von meiner Trainingsgruppe.“ Am Sonntagabend hatte Rupprath noch die Chance, über 50 m Rücken eine Medaille zu holen. 2003 wurde er auf dieser Strecke Weltmeister.

Gleichwohl: Viele Athleten brachten nicht die erwarteten Leistungen. Vor allem die jungen Schwimmer, die eigentlich den Generationswechsel einläuten wollten, brachen ein. Paul Biedermann zum Beispiel belegte im Vorlauf über 1500 Meter nur Platz 21. Da wurde sogar der sonst in der Öffentlichkeit so beherrschte Beckmann richtig zornig: „Das sah nach innerer Aufgabe aus, und so etwas darf nicht einmal bei einer Bezirksmeisterschaft passieren.“

Am Erwartungsdruck, meint Antje Buschschulte, könne das schon liegen, scheint aber nicht wirklich davon überzeugt. „Als ich jung war, hatte ich relativ wenig Druck“, erzählt die 26-Jährige. „Bei meinem ersten großen Wettkampf, den Olympischen Spielen in Atlanta, war es dann schon schwieriger. Aber eigentlich nur, weil ich Angst vor den vielen Leuten hatte.“ Also ging sie in sich und sagte sich von nun an vor Großereignissen: „Im Grunde ist es doch jedem egal, wie du schwimmst. Diese Einstellung könnten unsere Jungen doch auch haben.“ Diese Lockerheit hat allerdings noch einen anderen Grund: Für Buschschulte ist Schwimmen längst nicht mehr der alleinige Sinn des Lebens. Sie hat sich stärker auf ihr Studium der Neurobiologie als auf ihr Training konzentriert. Geschadet hat ihr das offenbar nicht.

Nur ihr neuer Marktwert wird sich deshalb nicht wirklich auszahlen, neue Sponsoren wird sie nach ihren vier Medaillen wohl kaum bekommen. Und das hat nicht bloß mit der geringen Werbefläche auf ihrem Badeanzug zu tun.

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